Brotfreunde backen in Aldringen sonntags Brot nach jahrhundertealter Tradition

Abschalten mit Freunden: Ein Dorf entschleunigt beim gemeinsamen Brotbacken

Brot zählt bei uns, wie die Kartoffel, seit Jahrhunderten zu den wichtigsten Nahrungsmitteln. In den Städten versorgten Bäcker die Einwohner mit frischem Brot, auf dem Land bauten viele Leute selbst Roggen an. Die meisten Haushalte besaßen auch einen Steinbackofen, den Backes. Darin buk fast jede Hausfrau regelmäßig Brot für die Familie.

Mit zunehmender Automatisierung änderte sich dies vor mehr als 50 Jahren: Die althergebrachte Tradition ging zunehmend verloren und damit verschwanden auch die meisten der Steinbacköfen. Einige blieben eher zufällig erhalten, jedoch beachtete sie niemand mehr so recht. So erging es auch dem "Märtes Backes“ in Aldringen, Burg-Reuland.

Gemeinsam eine schöne Zeit verbringen

Vor etwa sieben Jahren kamen einige naturverbundene und umweltbewusste, meist junge Leute auf eine Idee: Sie wollten das Backen wie zu Omas Zeiten wiederbeleben. Schnell fanden sie Gleichgesinnte. Seitdem befeuern die Backfreunde regelmäßig mit viel Freude und Experimentierlust den alten Ofen mit Holz („Schanzen“) und backen gemeinsam Brot. Eine Kerngruppe kommt regelmäßig zusammen, dazu gesellen sich immer wieder Freunde und Bekannte. Manche kommen von weit her, um die gemütliche Geselligkeit im Backes und um das alte Handwerk zu erleben.

"Während die Brotlaibe in den Strohkörben, den Korwelen, aufgehen, ist Zeit für gemütliches Zusammensein und Gespräche. Es gibt immer viel zu erzählen."

Gebacken wird fast immer an einem Sonntag. Dieser wird automatisch zum Festtag für Groß und Klein. Im Laufe des Vormittags beginnen die ersten Fleißigen mit der Arbeit: Sie entzünden das Feuer im Ofen und verarbeiten den am Vortag angerührten Sauerteig (Deesem) weiter zu Brotteig. Natürlich geschieht dies alles von Hand, so wie früher. Das ist ganz schön anstrengend. Am frühen Nachmittag ist die Ofentemperatur so weit geklettert, dass zum Beispiel schon Pizzen gebacken und damit für das leibliche Wohl der Anwesenden gesorgt werden kann.

Während die Brotlaibe in den teils selbst angefertigten Strohkörben, den Korwelen, "aufgehen", ist Zeit für ein gemütliches Beisammensein von Jung und Alt. Es wird Gitarre gespielt, gesungen, gespielt und viel erzählt.

Aus den Korwelen auf den Schooss und in den Backes

Nach mehreren Stunden beginnen die Innenwände des Ofens vor Hitze weiß zu glühen. Dann stülpen die Bäcker das Brot aus den Körben auf den Brotschieber. Dieser heißt traditionell Schooss und mit ihm werden die Laibe in den Ofen „eingeschossen“. Die Ofentür wird verschlossen. Nach etwa 1,5 Stunden ist das Brot fertig. Jedes Mal erwarten die Beteiligten mit Spannung, wie das Brot "geraten“ ist. Immer gibt es kleine Unterschiede. Das liegt auch daran, dass die Bäcker trotz ihrer mittlerweile langjährigen Erfahrung oft experimentieren.

Während "Mol“, "Korwelen“, "Schooss“ und "Kessel“ gereinigt werden, kühlt das Brot in Ruhe ab. Schließlich lassen die Aldringer Backfreunde bei einem Glas Wein, frischem Brot und Käse den Tag ausklingen. Glücklich nimmt jeder Bäcker von den etwa 50 Broten (ca. 70 Kg) seinen Teil mit nach Hause.

Blasius Neissen, Burg Reuland